Kinder, die viel Zeit vor Bildschirmen verbringen, haben oft Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen, Aufmerksamkeitsprobleme, Schlafstörungen und ein erhöhtes Risiko für Depressionen. Noch besorgniserregender ist, dass ihr Gehirn physisch verändert wird, da es weniger weiße Substanz enthält – jene Millionen von Kommunikationskabeln, die die Neuronen verschiedener Gehirnregionen verbinden. Kinder, die mehr als sieben Stunden pro Tag vor Bildschirmen verbringen, weisen eine vorzeitige Ausdünnung des Kortex auf, ein Zeichen für vorzeitiges Altern des Gehirns.
Es handelt sich dabei nicht nur um theoretische Studien. Der Entwicklungsrückstand dieser Kinder wird überall in den sozialen Medien dokumentiert. Immer mehr Lehrer schlagen Alarm, da nicht nur der Rückstand, sondern auch beispiellose Verhaltensprobleme auffallen. Kinder lernen vor Bildschirmen nicht, ihre Emotionen zu kontrollieren und können ihre Impulse nicht regulieren. Ein Beispiel aus dem Klassenzimmer: "Du sagst mir, was ich tun soll und ich soll still sein, aber ich will das nicht tun. Du hast nicht das Recht, mir zu sagen, was ich tun soll, du bist nicht meine Mutter." Diese Art von Antworten zeigen, dass Kinder die Autorität der Lehrer nicht respektieren, weil sie zu Hause oft mehr auf die Bildschirme als auf die Erziehung durch ihre Eltern achten.
Gesundheitsfachkräfte sehen noch besorgniserregendere Entwicklungen. Catherine Vidal, eine Schulpsychologin, berichtet, dass Kinder, die viel Zeit mit Tablets verbringen, nicht wissen, wie man Seiten in einem Buch umblättert, sondern versuchen, die Bilder zu wischen. Diese Kinder haben keine Kraft in ihren Händen, weil sie nicht wie früher durch das Zeichnen auf Papier die nötigen Muskeln in Armen, Händen und Fingern entwickeln. Stattdessen entwickeln sie nur ihre kleinen Finger durch das Wischen auf Bildschirmen. Das führt zu Problemen beim Schreibenlernen und zu einer vorzeitigen visuellen Ermüdung. Die Ärztin Anne Zukanda verzeichnet einen Anstieg von 94 % bei Sprachstörungen. Sie warnte bereits 2017 in einem viralen Video vor den gravierenden Auswirkungen der Bildschirmnutzung auf Kinder im Alter von 0 bis 4 Jahren. Sie beschreibt Kinder, die in ihrer eigenen Welt leben und oft nicht einmal auf ihren Namen reagieren.
Wie lässt sich dieses ernste Problem der öffentlichen Gesundheit lösen? Müssen wir Bildschirme für Kinder komplett verbannen? Nicht unbedingt. In den letzten Jahren gab es hitzige Debatten in den sozialen Medien. Einige Eltern sind überzeugt, dass iPads ein wertvolles Lernmittel für ihre Kinder sind. Sie glauben, dass der frühe Umgang mit Technologie ihren Kindern in der Zukunft Vorteile verschafft. Andere argumentieren, dass Bildschirme genutzt werden können, um Kinder zu beruhigen, besonders in öffentlichen Räumen. Kritiker hingegen meinen, dass solche Eltern unverantwortlich sind und den Zugang zu Bildschirmen für ihre Kinder stark einschränken sollten.
Interessanterweise sind viele Technologiegiganten anderer Meinung. Steve Jobs, eine Ikone der Technologie, erlaubte seinen Kindern keinen Zugang zu iPads. Auch viele Führungskräfte in der Silicon Valley schicken ihre Kinder auf die Waldorfschule, die komplett auf Technologie verzichtet. Diese Schulen glauben, dass Technologie die Kreativität, das soziale Verhalten und die Konzentration der Schüler bedroht. Kinder lernen dort traditionelle Handwerkskünste wie Gartenarbeit, Stricken und Töpfern. Chris Anderson, CEO von 3D Robotics, erklärt, dass er und seine Frau strikte Regeln für die Technologienutzung ihrer Kinder aufstellen, weil sie die Gefahren der Technologie aus erster Hand erlebt haben.
Sollen wir also alle Technologie aus den Schulen verbannen und sie in Tresoren verstecken? Laut den Experten der Akademie der Wissenschaften sollte die Nutzung von Bildschirmen altersgerecht angepasst werden, aber niemals vor dem dritten Lebensjahr beginnen, da dies die Entwicklung hemmen kann. Bis zu diesem Alter brauchen Kinder eine reiche, strukturierte Sprache und müssen in ihrer Muttersprache kommunizieren. Nach dem dritten Lebensjahr können kurze, beaufsichtigte Bildschirmzeiten erlaubt werden. Der Bericht "Das Kind und die Bildschirme" hebt hervor, dass neue Technologien viele Vorteile bringen können, wenn sie altersgerecht und unter Aufsicht genutzt werden. Jean-François Bach, ständiger Sekretär der Akademie der Wissenschaften, betont, dass die positiven Aspekte nicht übersehen werden sollten.
Die Lösung liegt oft im Mittelweg. Kinder sollten nicht als kleine Opfer betrachtet werden, die von allen Bildschirmen ferngehalten werden müssen, aber auch nicht allein gelassen werden, um sich in der Technologie zurechtzufinden. Sie sollten als Partner gesehen werden, die bei der Nutzung neuer Technologien begleitet werden müssen. Wichtig ist dabei, dass sie nicht passiv konsumieren, sondern aktiv und interaktiv lernen. Schon im Alter von sieben Jahren können Kinder grundlegende Programmierlogik lernen und später kleine Animationen oder Videospiele erstellen. Diese Art der Nutzung fördert das kognitive Wachstum und die Problemlösungsfähigkeiten.
Eltern und Lehrer müssen informiert werden, wie sie ihre Kinder beim richtigen Umgang mit Technologie unterstützen können. Die meisten jungen Eltern haben nicht selbst mit Tablets und Smartphones als Kinder aufgewachsen und unterschätzen die Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung ihrer Kinder. Es ist daher wichtig, das Bewusstsein zu schärfen und praktische Hilfestellungen zu geben, um die negativen Folgen zu minimieren und die positiven Aspekte der Technologie zu nutzen. Nur so können wir die neuen Generationen gut auf die Zukunft vorbereiten.